Jenseits des Tweeds und schon in Edinburgh

Bin gerade gebeten worden, ob ich mit den Hunden gehe, Stress morgens, heute früher zur Arbeit. Ich trau mir nicht zu mit einem Plastikbeutel die Scheiße vom edingburgher Pflaster zu kratzen. Gestern war es teilweise gefroren; ein junger Mann ist im Dunklen vor uns hin geknallt, als wir an der Tanke waren, um Kaminholz zu holen. Er stand wieder auf, alles gut, meinte er.
Eben noch eine Diskussion zum frühen Morgen: Der Historikerstreit in Deutschland in der Kohl-Ära, als es darum ging, ob die deutschen Verbrechen einzigartig seien oder nicht. Für mich damals ein Grund nicht weiter Geschichte zu studieren, besser ein Anlass, aber der ist wohl auch nur nachträglich von mir erfunden worden; zur Uni zu gehen war nichts für mich. Trotzdem: Mein Kumpel geht mit Jeans zur Arbeit, obgleich Jeans in den Büros dort verboten sind, weil er keine Lust hat sich seine „Arbeitsklamotten“ im Schneematsch zu versauen, „Casual Friday“ its die Ausrede: „Da reden wieder heute Abend weiter drüber!“

L1010913

Bin jetzt schon über einen Tag in Edinburgh. Gestern um 1 Uhr morgens mit dem Fahrrad hier angekommen. Aus den geschätzten 120 km in Bellingham sind hier in Edinburgh schließlich über 190 geworden, mit über 3000 Höhenmeter. Es wären auch noch mehr geworden, wenn ich nicht bei Middelton, wo es noch ca 12 Meilen bis E. warren, nicht auf die A-Route gewechselt wäre, die zum Glück fast gar nicht mehr befahren war. Fahrradfahren geht hier wohl nicht von A nach B sondern nur von A nach Z, kreuz und quer mit den anderen Buchstaben die dazwischen sind. Die direkten Wege bleiben den motorisierten Fahrzeugen vorbehalten. Oder du fährst zusammen mit denen. Man darf hier auch auf vielen Strassen, vierspurigen mit Fahrbahnteilern auf dem Seitenstreifen fahren. Die A-Road, die ich hätte nehmen können, ist aber zweispurig, total befahren und hat noch nicht einmal einen Seitenstreifen.

In Norththumberland war recht schön Radeln und das britische Frühstücksfett schien alles schön zu schmieren.

L1010886L1010887L1010894

L1010891 L1010895

In den „Borders“ war es dann auch nicht großartig anders. Gefühlt so, als wenn man von der hessischen in die bayrische Rön fährt.

L1010900 L1010902

Ab Jedburgh ging es wieder durchs Dunkle. Schneematsch lag auf den Strassen, von Süd bis West peitschte ein Sturm übers Land, der ziemlich verheerend an der Westküste gewütet haben mußte. Oft ging´ s halt, bei der „Kreuzerei“ auf den kleinen Landstraßen gegen diesen Wind. Aber das Gefühl blieb gut. Auch ein Grund diese Reisen zu machen. „Verzweiflung an zu testen“.
Einmal führte mich der Navigator in eine Sackgasse für Autos und dann stand ich vor einer Furt. Muß wohl ein alter Weg gewesen sein. Für die großrädrigen Holzkarren war es kein Problem da durch zukommen. Für die Radfahrer und Fussgänger war jetzt aber ein Steg da. Auf den drauf zu kommen war aber nicht einfach, das Fahrrad bis zu den Naben schon im Wasser, mein Füsse an einer Böschung immer nur Zentimeter oder Inches vom Wasser entfernt, mit der rechten Hand auf den Lenker gestützt die linke an einem Zaun festhaltend. Dann auf dem Steg war es sehr glitschig. Zwar waren Leisten quer auf die Dielen genagelt, meine Schuhabsätze also fest auf den Steg gepresst, aber das schwere Fahrrad habe ich rechts gehalten und mit der linken Hand am Steggeländer die kleine Brücke hinauf gezogen. Runter war es schlimmer. Ich war der Strick zum Abseilen des Fahrrads. Unten, am Stegende, sanken die Packtaschen ein gutes Stück mit ins Wasser ein; Scheiße, das sind keine Ortliebtaschen, kein wasserdichter Kunsstoff, nur dichtgewebte Baumwolle. In Edingburgh waren die Sachen zwar kühl, aber trocken….

Den Tweed überquerte ich übrigens zwischen Melrose und Galashields, was nicht unkompliziert war, da die spezielle Fussänger- und Radfahrerbrücke gerade gesperrt war.
Öfter mal wäre mir, während den über 13 Stunden Fahrzeit, ein heißer Tee recht gewesen. Gerade mal in Jedburgh bot sich etwas an.
Ich bleibe entusiastisch bei dem Quatsch. Ich komme mir irgendwie gereinigt vor. Das ist übrigens bemerkenswert an den Briten; sie enthalten sich jeder Bewertung, bei dem was ich da tue und wünschten mir nur eine „safe journey“.

Den Tag gestern habe ich im schottischen Nationalmuseum verbracht: Ein tolles Sammelsurium. Die in der lichten Halle aufgebauten „Setzkästen“ mit Exponaten demonstrieren die Vielfalt der Sammlung. Man zahlt nichts um rein zukommen, viele Schüler laufen herum, informieren sich, manches Exponate sind zum anfassen, von anderen soll man freundlich darauf hingewiesen seine Finger lassen, ist für die Leute, macht Spass.

L1010908

Dieser Beitrag wurde unter Reisen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert