Exeter 15.7. 13:44

„The Plant Cafe“. Jetzt bin ich in einem vegetarischen Cafe gelandet, direkt vor der Kathedrale in Exeter. Gestern Morgen wollte ich schon gestern Abend hier sein. Gestern aber war der der 7. Tag, war er nicht?

Jpeg

Jpeg


Immer wieder eine Mischung zwischen Slapstick und Verzweiflung, eigentlich geil, nur blöd, wenn ich selber der Hauptdarsteller bin, ach doch, toll.

Sehr witzig z.B. war, wie ich mit meinem Fahrrad über einen Golfplatz, nachher auch geschoben, bin. Man hatte die wichtige Grünfläche so installiert, dass ich die Wahl hatte entweder auf einer viespurigen B-Road ohne Standstreifen, oder einen riesigen Umweg oder eben über den Golfplatz zu fahren. Die Herrschaften dort waren alle sehr nett, meinte einfach, wenn einer mich stoppen würde, sollte ich erzählen, ich hätte mich verlaufen, was einem auf einem Golfplatz auch wirklich leicht passieren kann. Und es war auch nicht schwer, das Gelände wieder zu verlassen, kein erregter Platzwart nur ein paar belustigte Yuppies mit der Frage „Are you lost?“
Trotzdem, ein Radweg über den verfickten Golfplatz würde mein klassenkämpferisches Bewusstsein, wieder etwas stärker für dieses Land der Public Libraries und vielen Behindertentoiletten klopfen lassen; glaube aber, dass soweit nie die Liebe gehen könnte, einen Radweg über dieses Grün zu bauen.
Kurzdrauf viel (unglaublich fiel mit v, was für ein Wahnsinn?) der Navi aus. Er hatte keinen Bock mehr. Ihm gefiel die Stromregelung aus dem Busch und Müller Scheinwerfer „Luxos“ nicht, absolut nicht mehr. Beide Geräte sind dermaßen mit Steuerungselektronik vollgestopft, dass ich den Strom vom Dynamo, über den Scheinwerfer erst in einen Akku laden muß, der dann wieder den Akku vom Garmin lädt.
Gegen Abend taute der totgeweihte Navi dann wieder mit ein wenig Netzstrom wieder auf, er hatte sich beruhigt und ich freute mich heimlich einen ähnlich launischen Mitfahrer zu haben wie mich selber. Es ist unmenschlich von der Technik zu verlangen, dass sie funktioniert; im Ernst, zu mindest dann, wenn man davon so wenig Ahnung hat wie ich.
Und all das lenkt mich von der wundervollen Landschaft ab, von der man fast nichts sieht, weil man dauernd durch Heckentunnels fährt.

Eine sehr milde, typische Devon Road, sonst steiler und schmaler

Eine sehr milde, typische Devon Road, sonst steiler und schmaler


Der Herr vom Campingplatz in Oxford, der mir die Skizze mit dem „TARKA Trail“ gezeichnet hatte, hatte mir wohl richtig geraten; es wäre geschmeidiger zu gewesen, zuerst zur Nordküste von Oxford aus zu fahren und dann mehr oder weniger durch’s Dartmoor direkt nach Süden, nach Plymouth zu „stossen“.
Er warnte mich vor den engen Tälern und steilen Strassen hier in Devon und die sind wirklich gewaltig:
Zwar nicht besonders lang, aber so steil, dass jedes bergauf, dem bergab vor zuziehen ist.
Aber im Wiltshire, Sommerset usw. war’s auch sehr schön, besonders der erste Tag nach Oxford; ein Tag voller Radelgenuß, eine autofreie Dusche.
Abends kam ich an einem „White Horse“ vorbei, an dem Mau und ich 1989 mit Hollandrädern, Dreigangschaltung, abgeschnittenen Jeans, Kochtopf, Spiritusflasche un -kocher etc. auf dem Weg nach Westirland vorbeigeradelt sind. Das Horse, ein sogenanntes Scharrbild, ein riesiges in eine Hügelwand gearbeitetes Relief, lag in demselben goldenen Abendlicht in der Kornfeldlandschaft wie vor ziemlich exakt 27 Jahren. „Dass ich das noch erleben darf!“ Das war ja auch der Spruch des Jahres in diesem 1989. In einem Pub fragten mich zwei alte Männer auf dieser Reise ob ich aus West- oder East Germany käme, da war die Berliner Mauer aber noch scheinbar sehr standfest.
Nein, bin nicht sentimental, kann so etwas nur einfach nicht vergessen. Ausserdem ist es immer wieder interessant, wann Leute von einem verlangen hier und jetzt zu sein, und wann sie selber anfangen zu historisieren; aber das ist ein anderes Thema oder…?
Gleichwohl war es wieder schön, mit Menschen zu tun zu haben, als der Navi seinen Geist für den Tag in Yeoville aufgegeben hatte. Zuerst mußte ich mir eine schnöde Strassenkarte kaufen. Die Buchhändlerin führte mich zu einem Regal und ließ mich da stehen. Fand eine Karte die ca. 12 km nach meinem Standort began, keine vernünftige für davor…..es gab zwar excellente topografische Karten, aber war alles nicht sinnvoll. Zum Einkaufen in der zweiten Etage, durfte ich mein Fahrrad unten in der Buchhandlung stehen lassen.
Ich mutmaßte den Weg nach Crewkerne anhand der Sonne, bis ich einen Herrn auf einem Cervelo S2 traf: „Nice bike!“ Ja, er hatte den Aluminiumvorgägner, aber Rahmenbruch und wegen Garantie, hat er jetzt nen Karbonrad.
Weg nach Crewkerne, klar; diesmal ging es weniger visuell zu, er wollte mir den Weg in ganzen Sätzen aufschreiben…..wir erarbeiteten gemeinsam ein Papier, mit dem ich beruhigt in meine neue Karte hineinfahren konnte.

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