Round Galway Bay 21.6.18

Doolin. Endlich Urlaub. Ein Campingplatz, mit allen Annehmlichkeiten, die man braucht.
Z.B. sitze ich gerade in einer überdachten Küche, nein, einem richtigen Haus, mit Herden, Wasserkochern, Teapads, Milk zur Selbstbedienung, inclusive….ein Ort wo Milch und Tee fließt sozusagen. Bräuchte aber eigentlich gar nicht hier zu sitzen, draussen ist wunderbares Wetter, bin aber an die Steckdose geheftet, das Smartphone ist leer.

Gestern habe ich die Galway Bay einmal umhalbrundet…..habe ja schon lange nichts mehr geschrieben……war, bevor ich auf die große Bucht von Galway stieß, in Mayo, und Conamara unterwegs, ja, nachdem ich diesen einen halben Tag und eine Nacht in Westport in einem B&B verbracht habe.

Nordwestlich von Galway ist Gälisch die ausschließliche Verkehrssprache. Hoffentlich habe ich den richtigen Terminus gewählt. Schilder, amtliche Hinweise etc. alles nur in der irischen Sprache.
„That’s realy important for us“, erklärte mir der Campingplatzchef in An Spideal, ein junger, sehr netter Mann.
„Goodbay means Slán“, rief er mir beim Weggehen noch hinterher.
Und es war erst gestern morgen, als ich mit den beiden Belgiern, in An Spideal gefrühstückt habe.
„Das sind ‚Mitches‘ die da um Dich rumschwirren und die stechen. Zigaretten helfen dagegen!“
Schon lange nicht mehr eine Zigarette zum Frühstück gehabt. Der Belgier kennt sich aus.
„In Irland ist es hart, z.B. auf dem Land zu leben, seit der keltische Tiger am Boden gelandet ist. Ich habe Freunde hier.“

Ich komme an diesem „Gestern Morgen“ nicht in die Pötte und erst um 12:00 vom Campingplatz weg, um nach einem Kilometer den zweiten Platten auf dieser Tour zu flicken, schön am Wasser in der Sonne.

Es sind knappe 20 km bis Galway und ich pausiere am Westende, an einer Art Flaniermeile am Bay, heißt Salthill, ist richtig heiß in der Sonne. Auch hier sprechen viele Gälisch. Finde ich toll.
Bemerkenswert: Fahrräder sind auf der breiten Promenade verboten und man soll auf der Strasse in einer Autoschlange mitfahren.
Innendrin, in Galway, gibt es eine Fußgängerzone, total überfüllt, Strassenmusiker, die ich aber alle nicht unter Vertrag nehmen würde.
Ausserdem brauche ich eine Deutschlandfahne an meinem Fahrrad:

Eine Dame spricht mich an „Do you know, where the places are, to drink something or so…“ und ich deute nur auf das Gepäck und das Fahrrad, das ich schiebe „ah, you are traveler, too“
„Jo und auch aus Deutschland!“
„Det hätt’ste aber mal an Dir dran schreiben können, det Du’n Deutscher bist, wa!“ Schallt es im breitesten brandenburgisch zurück und ihre Hand kracht auf meine Schulter, irgendwie sympathisch.
Soweit: Galway ist bestimmt schön und wichtig, aber nichts für ein bepacktes Fahrrad.
Ich strebe weiter nach Osten, zum Ende von der riesigen Bucht. Autos, Autos, immer weiter Autos. Muß mal herausfinden, ob die Verkehrsinfrastruktur nicht ausreicht, ob die hier pro Kopf und Quadratkilometer einfach zuviel haben, oder ob es meine Sentimentalität ist vor knapp 30 Jahren genau dieselbe Strecke vollkommen anders empfunden zu haben. Ich bin tief genervt, fertig, urlaubsreif.
Oranmoore, heißt der Ort, an dem die Bucht zu Ende ist. Ich gehe mir in einem Pub nen Cider holen. Da bemerke ich aber auch schon meinen eigenen Irrsinn: Ich setze mich vor den Pub auf eine Bank, direkt an die Hauptverkehrsstrasse, anstatt hineine. Ist aussen und innen wunderschön. Weiß gekälkt, hat ein Reetdach und innen alle Requisiten, die Ronnie Drew bräuchte, um „Dicey Riley“ mit seiner Holzkhole zerkleinernden Stimme unter einer Tür durchzuziehen.
Dann geht es auf einer großen Strasse, aber mit meist breitem Seitenstreifen sehr flott, Richtung Süden (komischer Weise war beim schlechten Wetter Südwest und jetzt beim sonnigen klaren Nordwind vorherrschend).

Plötzlich ein Fahrradfahrer neben mir. Er fährt jeden Tag vom Co. Claire nach Galway, bestimmt 30 km.
Dann bist Du ja ein richtiger Bike-Commuter. So etwas gibt es hier doch eigentlich gar nicht!?
Er zuckt mit den Schultern. Eigentlich komme er aus den Niederlanden.

Er gibt mir noch den Tip, nicht so weit links zu fahren ( in Irland herrscht wie in GB Linksverkehr). Damit verführt man die Autofahrer nur, einen viel zu knapp zu überholen.
„Keep left!“ heißt es immer wieder; aber eigentlich hat der Commuter recht. Wenn man sich ganz links hält gibt es auch nichts mehr zum Ausweichen.

Ich komme gut voran und mach viel vom verdrämelten Tag wieder wett.

Irgendwann bin ich auf der „Road to Lisdoonvarna“. Es gibt einen tune, einen reel, der so heißt, den ich geübt habe und ich versuche mich an ihn zu erinnen, während ich die Strasse fahre.
Das finde ich bei den Musikern hier faszinierend. Dieses Reportoire an Melodien, gemeinsam in so vielen Köpfen.
Aber ich bin noch auf der Strasse, habe die Melodie im Kopf und finde nicht heraus, was sie mit der Strasse zu tun hat.
Mit 12% Steigung wird sie alpin, natürlich längst nicht so lang wie ein Pass, aber in Serpentinen und das ist hier sehr selten. Die bauen hier lieber Rampen als Serpentinen.

Vor den letzten 6 km bist nach Doolin kaufe ich mir in Lisdoonvarna, einen Kaffe, eine Schokolade…..bin ein wenig ausgebrannt.

Auf dem Campingplatz versuche ich meine Luftmatraze zu flicken, der Kleber ist aber eingetrocknet, der Mann von der Rezeption leiht mir eine Matte……und ich wollte doch in die Pubs, zur Lifemusik.
Bin enttäuscht. Volle Suppe schwappt mir das touristisch-kommerzielle entgegen, die Musiker sehen wie Schwerarbeiter, wenig lustvoll aus, der Alkohol scheint überall notwendig zu sein, um das Urlaubsleben einigermaßen ertragbar zu gestalten.
So war es bei Fitzpatrick, so war es bei O’Connors. Ich lauf weiter Richtung Hafen am G O L Fplatz entlang.
Da kommen keine Pubs mehr, teilt mir ein Entgegenkommender mit.
Ich beschließe mir bei O’Connors das Urlaubsleben auch ein wenig schön zutrinken, kauf mir ein Pint Cider für knapp 7€, ein seifigen Toilettengeruch, wenn immer mal wieder die entprechende Tür aufgeht, gibt es kostenlos dazu.
Drei Musiker: Irish Flute, die hölzerne irische Querflöte, eine Geige und ein ePiano.
Die Pianospielerin fasziniert mich. Pagenschnitt, Kleopatragesicht mit griesgrämigen Ausdruck und einem Habiutus, der nicht nach Klavierspielen, sondern nach Patiencenlegen aussieht. Aber sie macht den Groove, was dem ganzen eher den Charakter von Saloon Musik verleiht, es sind aber traditionelle Tunes, die sie spielen.
Gleichwie, es war ganz anders als in Sligo, wo man das Gefühl hatte, da kommen Leute zu einer starken, verbindenden Sache zusammen, orgiastisch halt.
Allerdings stand plötzlich ein Alter Mann, der an Krücken ging, bei der „Irish Combo“ und fing mit einer gewaltigen und auch sehr reibeisenden Stimme „Finegans Wake“ und „Raglan Road“ zu singen. Das hatte wieder was……Aber den Musiker schien er mit seinen Balladen auf den Kecks zu gehen. Vielleicht beurteile ich das auch falsch.
„Raglan Road“ gehört ja zu den ganz hervorragenden Balladen von Luke Kelly und ich versuchte das ursprünglich Gedicht von Patrick Kavanagh zu verstehen, las den Text auf dem Smartphone im Zelt.
Das war der Tag

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