Ein natürlicher Hafen, Cairnryan. Die Bucht ist bestimmt 5 km lang, geht aber nicht ins Festland der britischen Insel, sondern wird von ihrer Westseite durch eine Halbinsel eingeschlossen. Ausser dem Fährverkehr nach Larne oder Belfast gibt es hier aber keine weiteren Hafenanlagen, doch vielleicht in Stranrear, am Ende der Bucht, das habe ich auf wunderschönen, kleinen Strassen umfahren, aber Schiffsverkehr ist hier nicht zu sehen.
Habe einen Tee im Pappbecher bekommen, der mit dem Emblem einer berühmten amerikanischen Kaffeekette geschmückt ist, schade, dachte ich würde eine von diesen Blechkannen voller starkem Tees bekommen, aber er schmeckt trotzdem.
Jetzt ist die Zeit da, der Bericht kann kommen, die Reportage, das, was man „Teilen“ bzw. „share“ nennt, was aber wohl leicht etwas anderes bedeutet.
Beim „sharing“ teilt man etwas, hat es aber auch, jeder, der „shart“ hat etwas davon. Teilen beinhaltetet zumindest nicht direkt, das man selber etwas davon hat, wohlmöglich auch weniger.
Das Problem mit „to share“ bei facebook kennt man ja; da haben oft ganz andere etwas von meinem Teilen, als die, mit denen ich etwas teilen möchte. Dann heißt das auch noch „soziales Medium“. Warum habe ich nur das Gefühl, seit dem man gegen „Dienstleistungswüsten“ Sturm läuft und es „Soziale Medien“ gibt, die Welt immer asozialer wird?
Ich frag es mich wirklich, nicht nur rhetorisch; vielleicht bin ich einfach nur ein alter Sack, der nicht mehr mitkommt.
Was hat das denn mit meiner Reise zu tun?
Der Mann neben mir, wir sprechen nicht miteinander; er hat die Hände gefaltet auf dem Bauch abgelegt, schmiegt sich in den Lehnstuhl, schaut auf’s Meer hinaus.
Als ich eben mein Telefon zum Aufladen mit dem neuerworbenen UK Stromadapter, in einer Buchse an der Bordwand anschloss, rumlaborierte, weil es nicht funktionierte, griff er vor mich und legte den Schalter an der Steckdose um.
„Du hast sie ausgeschaltet.“
Dann hat er sich eine Zigarette gedreht, deutete an, dass er Rauchen geht.
„Keep my seat, please!“
Wir haben also doch miteinander geredet.
Aber das schöne an der Situation hier sind die wenigen Worte und die Freundlichkeit des Herren neben mir. Die kann man nicht beschreiben. Er schaut einfach nett, er schaut mich nett an.
Paradox? Sitze hier, schreibe Worte, und schwärme von Situationen, in denen nicht viel Worte gemacht werden.
Paradox ist immer richtig.
Jetzt drängt sich eine andere Situation auf. Grad zwei Stunden her, muß aber Ausholen dafür, wieder viel Worte machen.
Heute, auf der letzten Etappe bei der Überquerung der britischen Insel in Richtung Irland, von Newton Stewart nach Cairnryan, hatte ich einiges Ungemach: Die Route bis zum Fährhafen hatte ich in einem Portal zum Fahrradroutenplanen, Naviki.org, herausgefunden und runtergeladen.
Diesmal ging es mir darum die großen Autostrassen zu meiden, auf den größeren Landstrassen in UK zu fahren ist furchtbar. Naviki hatte das auch schon von allein besorgt und meistens ging es an denRouten des „National Cycle Network“ entlang. Allerdings nimmt man damit oft sehr große Umwege in Kauf, was ich in der Kategorie, verschmutzes Wasser und verpestete Luft unterbringe, wenn die Autos den kürzeren Weg bekommen, aber das ist ein anderes Thema.
Im letzten Drittel der Tour nahmen die von Mountainbikern herausgefundenen Wege Überhand. Auf diese greift das Programm zurück, wenn sich keine hochgeladenen Asphaltrouten anbieten. Im vereinigten Königreich heißt das, auf Privatwegen zu fahren, von denen völlig ungeklärt ist, ob der Eigentümer damit einverstanden ist. Ausserdem sind sie oft fast nicht passierbar.
Bei einer Farm drohte ein eingesperrter Hund die Fensterscheiben zu sprengen und sonst schien keiner da zu sein. Ich hatte kehrt gemacht und irgendwie einen Weg über eine öffentliche Strasse gefunden.
3 km aber kurz vorm Ziel, kam ich auf einem Asphaltweg wieder auf eine Farm zu und mir 5 Rindviecher, herrlich, urtümlich, zottelig entgegen. Ich war, meiner sonstigen Art entgegen, gar nicht aufgeregt, aber einer von den Treiber hinter denen wohl. Ich schmiegte mich an den Wegrand und die tollen Tiere zogen an mir vorbei.
„Das sind Galloways, Bullen!“ erklärt mir einer von den Treibern, als ich nach den „Cows“ frug.
Und dann kam das, auf was ich hinaus wollte. Der letzte Bulle schaute genervt, majestätisch mit einer Drehung seines Halses, die seinen gesamten Körper herumzuwirbeln drohte, nach uns um.
Der Treiber schaute mich entschuldigend an, nahm die Pflicht, an die er erinnert worden war, wieder auf, brüllte:“Go boys, go!“
Der Blick des Stiers hat sich eingebrannt. Ein Veganer mit dem aggressiven Stolz eines, breitschultrigen, tätowierten, dickbäuchigen Briten.